Im Herzen der buddhistischen Lehre steht das Streben nach Erleuchtung – Bodhi – ein Zustand tiefster Einsicht, der durch ein Leben in ethischer Achtsamkeit, regelmäßiger Meditation und dem Streben nach Weisheit erreicht werden soll. Besonders intensiv wird dieser Weg im Leben buddhistischer Mönche und Nonnen sichtbar, die in klösterlichen Gemeinschaften ein Dasein fernab weltlicher Ablenkungen führen. Dieser Beitrag wirft einen näheren Blick auf ihren Alltag, ihre spirituelle Praxis und ihre Rolle innerhalb verschiedener buddhistischer Traditionen.
1. Die Sangha – Das Rückgrat der buddhistischen Gemeinschaft
Die Sangha, die Gemeinschaft der Ordinierten – Bhikkhus (Mönche) und Bhikkhunis (Nonnen) – gilt im Buddhismus neben dem Buddha selbst und dem Dharma als eines der drei „Juwelen“. Als gelebtes Vorbild verkörpert sie die praktische Umsetzung der Lehre. In vielen Regionen kommt ihr zudem eine tragende gesellschaftliche Rolle zu: Mönche und Nonnen übernehmen spirituelle Aufgaben, bringen religiöse Inhalte durch Predigten und Rituale in die Gemeinschaft und stärken durch ihre Präsenz die Verbindung zwischen Laien und spirituellem Pfad.
2. Der Eintritt ins Kloster
Der Weg ins klösterliche Leben geschieht selten abrupt. Häufig durchläuft man eine Phase der Vorbereitung:
Noviziat: Bereits ab etwa sieben Jahren können Kinder als Novizen eintreten. Diese erste Stufe der Ordination – Pabbajja – symbolisiert den Austritt aus dem häuslichen Leben.
Vollordination: Mit dem Erreichen des 20. Lebensjahres ist eine vollständige Ordination (Upasampada) möglich. Dabei verpflichtet man sich zur Einhaltung der Patimokkha – einer Sammlung von Verhaltensregeln, die je nach Geschlecht und Tradition bis zu über 300 umfassen kann.
Häufig beeinflussen persönliche, familiäre und kulturelle Faktoren diese Entscheidung. In vielen süd- und südostasiatischen Ländern ist es üblich, dass junge Männer zumindest für einige Zeit das Leben eines Mönchs erproben, um spirituelle Verdienste – sogenanntes Punya – zu erwerben.
3. Strukturierter Alltag und spirituelle Praxis
Das klösterliche Leben folgt einem klar gegliederten Tagesablauf, geprägt von Disziplin, Einfachheit und Meditation. Zwar variieren die Details regional, doch im Wesentlichen zeigt sich ein ähnliches Muster:
Frühmorgens (4–6 Uhr): Der Tag beginnt meist in Stille. Mönche meditieren – entweder in Form der beruhigenden Samatha-Praxis oder als Einsichtsmeditation (Vipassana). Rezitationen heiliger Schriften begleiten diesen Abschnitt.
Morgens (6–9 Uhr): In Theravāda-Traditionen folgen Almosengänge: Barfuß, mit Almosenschale, gehen Mönche durch die Dörfer. Diese Praxis dient nicht nur der Versorgung, sondern auch der Übung in Demut und Loslösung.
Vormittags (9–12 Uhr): Die Stunden werden dem Studium gewidmet – ob kanonische Schriften wie die Tripitaka oder philosophische Texte. Manche Mönche unterrichten auch jüngere Novizen.
Nachmittags (13–17 Uhr): Neben Meditation stehen praktische Aufgaben an – etwa Gartenpflege oder Instandhaltung der Klostergebäude. Auch stille Rückzugszeiten gehören dazu.
Abends (18–21 Uhr): Es folgen weitere Meditationssitzungen und teils öffentliche Dharma-Vorträge. Diese bieten auch Laien Zugang zur Lehre.
4. Gelübde und asketischer Lebensstil
Mönche und Nonnen leben in strenger Entsagung. Das bedeutet den bewussten Verzicht auf Besitz, Sexualität und viele Alltagserleichterungen. Zu den zentralen Gelübden zählen:
Enthaltung von sexuellen Handlungen
Kein Töten, Stehlen oder absichtliches Lügen
Keine Mahlzeiten nach der Mittagszeit
Kein Besitz von Gold, Silber oder Geld
Kein Aufhäufen von Eigentum
Diese Regeln stammen aus dem Vinaya-Pitaka, einer der drei Hauptsammlungen buddhistischer Schriften, und sind auf geistige Reinigung, Disziplin und Unabhängigkeit von weltlichen Bindungen ausgerichtet.
5. Abkehr von der Welt – nicht als Flucht
Der Rückzug aus dem Alltagsleben wird häufig missverstanden. Es geht nicht um Weltflucht, sondern um Konzentration auf das Wesentliche. Durch die Distanz zu äußeren Reizen und sozialen Verpflichtungen soll der Geist zur Ruhe kommen. Nur in dieser Klarheit kann man die grundlegenden Wahrheiten erkennen: die Vergänglichkeit (Anicca), das Leid (Dukkha) und das Fehlen eines festen Selbst (Anatta).
Trotz dieser Abkehr bleibt die Sangha eng mit der Gesellschaft verbunden – über Almosenpraxis, Lehrangebote und Rituale. Die Laien unterstützen die Mönche materiell und sammeln so ihrerseits Verdienste für ihr Karma.
6. Ungleichgewicht zwischen Mönchen und Nonnen
Obwohl Siddhartha Gautama selbst die erste Nonnenordnung gründete, war und ist die Stellung von Frauen im Orden vielerorts eingeschränkt. In Ländern wie Thailand ist die Ordination von Frauen als Bhikkhuni selten bis unmöglich – stattdessen existieren Formen wie Mae Chi, die weniger Rechte genießen.
Anders in ostasiatischen oder tibetischen Traditionen: Hier sind weibliche Klöster verbreiteter, und Nonnen haben einen höheren gesellschaftlichen Stellenwert. Dennoch bestehen auch dort strukturelle Ungleichheiten.
7. Gegenwart und Herausforderungen
In einer Welt, die sich rasant verändert, stehen auch Klöster vor neuen Aufgaben:
Digitalisierung: Manche Ordensmitglieder nutzen inzwischen soziale Medien oder Online-Plattformen, um Dharma-Inhalte zu verbreiten. Das birgt neue Chancen, aber auch Risiken.
Wandel in der Gesellschaft: Der Mangel an Nachwuchs ist in vielen Ländern spürbar. Gleichzeitig wird von der Sangha erwartet, sich aktuellen Fragen – etwa dem Klimawandel oder gesellschaftlichem Frieden – zu stellen.
Interne Kritik: Immer öfter kommen Missstände ans Licht – etwa Machtmissbrauch oder politische Einflussnahme. Diese Themen werden inzwischen, wenn auch zögerlich, diskutiert.
Fazit
Das Leben in buddhistischen Klöstern ist ein Weg der radikalen Einfachheit, des Verzichts und der geistigen Schulung. Es verlangt Disziplin, innere Einkehr und die Bereitschaft, sich ganz dem Dienst an der Gemeinschaft und dem eigenen Erwachen zu widmen. Doch auch der Wandel der Zeit macht vor den Klostermauern nicht halt – die Kunst wird darin bestehen, das Wesentliche zu bewahren und gleichzeitig neue Wege zu finden.
Literaturverzeichnis
- Buswell, Robert E. & Lopez, Donald S. Jr. (2014). The Princeton Dictionary of Buddhism . Princeton University Press.
- Harvey, Peter (2013). An Introduction to Buddhism: Teachings, History and Practices . Cambridge University Press.
- Nattier, Jan (2009). Buddhism: A Concise Introduction . HarperOne.
- Queen, Christopher S. & King, Sallie B. (Hrsg.) (1996). Engaged Buddhism: Buddhist Liberation Movements in Asia . SUNY Press.
- Thanissaro Bhikkhu (2001). The Bhikkhus‘ Rules: A Guide for Laypeople . Metta Forest Monastery.